Beautiful Commitment
Mitgefühl und Respekt gegenüber jedem Lebewesen – das wünschen sich Caro und Stephie und dafür setzen sie sich täglich aktiv ein. Unermüdlich und lautstark geben sie den Tieren ihre Stimme und sie sind sich sicher: Jeder da draußen hat eine Gabe, eine besondere Fähigkeit, die er nutzen kann, um sich ebenfalls für eine gerechtere Welt einzusetzen. Man muss sie nur finden. Wie man sich auch abseits des Straßenaktivismus für die Tiere einsetzen kann und warum der Veganismus für sie ein Geschenk ist, haben sie mir im Interview erzählt.
Ich danke euch beiden für eure Zeit und euren Einsatz für die Tiere! Die Tierrechtsbewegung braucht noch viel mehr Menschen wie euch!
Bilder: Lars Walther, Thomas Rohlfing, Beautiful Commitment
Für die, die euch vielleicht noch nicht kennen, würdet ihr euch kurz vorstellen?
Wir sind Caro und Stephie, zwei ehemalige Straßenaktivistinnen mit Businessbackground aus Hamburg, die sich für mehr smarten Tierrechtsaktivismus in der Welt und vegane Persönlichkeitsentwicklung zusammengeschlossen haben. Als „Beautiful Commitment“ sind wir Hosts des wöchentlichen „Bewege etwas“-Podcasts, Herausgeberinnen des Online-Workbooks „Beautiful Commitment – Homework“, Speakerinnen, Seminar-Veranstalterinnen und Coaches. Um VeganerInnen dabei zu helfen, sich für ihre Werte so zu positionieren, dass sie durch ihr Wirken nicht nur den Tieren helfen, sondern gleichzeitig auch Erfüllung und Glück erlangen, nutzen wir in unseren Coachings und Veranstaltungen die Tools aus der Persönlichkeitsentwicklung.
Wie lange lebt ihr schon vegan und wie ist es dazu gekommen? War es ein längerer Prozess?
Seit 5 bzw. 7 Jahren leben wir mit unseren Hunden konsequent vegan. Die schönste Entscheidung unseres Lebens! Die Erkenntnis, dass wir vegan leben müssten, um unserem eigenen Verantwortungsgefühl gerecht zu werden, hat uns damals wie ein Blitz getroffen. Unsere Welt stand plötzlich auf dem Kopf. Es dauerte ca jeweils ein Jahr bis wir alle Kniffe raus hatten, um uns ernährungstechnisch ausgewogen und gesund ohne Verzicht einzupendeln. Die sozialen Herausforderungen waren da viel viel größer. Unser Gerechtigkeitsgefühl war so stark, dass wir immer wieder aneckten. Familie, Freunde, Kollegen, der Partner… immer wieder gab es Streit und Diskussionen. Es war eine harte Zeit, aber die beste Schule, die wir je hatten. Der Veganismus hat uns unglaublich wachsen lassen. Ein Grund, warum wir unsere Erkenntnisse nun an Neu-VeganerInnen weitergeben möchten. Eine Abkürzung zurück oder sogar hin zu Erfüllung und Glück hätten wir uns damals sehr gewünscht.
Der Veganismus hat mein Leben komplett verändert und auf ganz vielfältige Weise bereichert. Es fühlt sich einfach gut und richtig an. Ist das bei euch auch so?
Absolut! Der Veganismus ist ein Geschenk. Vegan zu leben, zu denken, zu handeln, ist es, was wir als unglaublich befreiend empfinden. Leichtigkeit und Reinheit zu fühlen, integer zu leben, ist ein unglaubliches Gefühl, das wir jedem Menschen wünschen. Für uns fühlt es sich so an, als würden wir erst jetzt richtig leben. Seitdem wir uns darüber hinaus entschlossen haben, aktiv und öffentlich für unsere Werte einzustehen, sind die verrücktesten Dinge passiert. Wir glauben an das Gesetz der Anziehung und daran, dass wir von einer unsichtbaren Kraft gelenkt und geleitet werden. Plötzlich traten Menschen in unser Leben, die uns geholfen haben, Türen öffneten sich, von deren Existenz wir nichts ahnten. Es ist ein unglaubliches Abenteuer und wir sind unendlich dankbar für all die Aufgaben, die uns das Leben nun stellt.
Glaubenssätze rechtfertigen unser Tun und Unterlassen.
Wir alle sind so gefangen in diesem System.
Wie erklärt ihr euch, dass - bei all dem, was wir mittlerweile darüber wissen - immer noch so viele tierische Produkte konsumiert werden?
Veraltete Denkmuster, Traditionen und Ängste sorgen dafür, dass wir bestimmte Informationen von uns fern halten. Glaubenssätze rechtfertigen unser Tun und Unterlassen. Wir alle sind so gefangen in diesem System. Als die Fassade damals bei uns bröckelte, hatten wir unfassbare Angst vor all dem, was nun kommen würde. Es ist, als würdest du an einer Tapete kratzen. Du zuppelst und ziehst an den Fetzen. Plötzlich stellst du fest, dass dahinter ein Hohlraum ist, ein weiterer Raum, eine andere Welt. Du kratzt energisch weiter, bis das Loch so groß ist, dass du den Kopf durchstecken kannst und stellst fest, dass da draußen noch mehr ist. Du spürst, dass es richtig ist, wagst den ersten Schritt und gehst hindurch. Wenn dich dann die Erkenntnis mit voller Wucht triff, gibt es kein Weg zurück. Und genau dieser Schritt ist es, vor dem wir alle Angst haben. Loslassen ist das, was die meisten Menschen fürchten und so bleiben sie lieber in ihrem Zimmerchen sitzen, sehr bemüht, das kleine Loch in der Wand mit möglichst viel Kleister und Flicken zu überdecken, in der Hoffnung zu vergessen, was sich dahinter verbirgt.
Habt ihr Tipps für Leute, die vielleicht im Herzen schon vegan sind, aber einfach noch nicht so richtig auf Käse und Co. verzichten können/wollen?
Wir glauben, dass alle Menschen im Herzen vegan sind. Kaum einer ist nicht verzückt von dem unschuldigen Blick eines Tierkindes, das einem in die Augen schaut. Aber das „Loch in der Wand“ ist noch so sorgfältig zugekleistert … Uns hat es damals geholfen, wirklich vor Ort zu sein. Einem Kälbchen im Kälber-Iglu in die Augen zu schauen und sich dann zu fragen, will ich das wirklich verantworten, weil ich nicht ohne kann?! Und dann die Frage: Was essen und trinken wir da eigentlich genau? Der Gedanke, ranzige, vergorene Milch, die zu einem Klumpen geworden ist, zum Rotwein zu naschen, wird bei genauerer Betrachtung eigentlich nur noch eklig und zuletzt die Tatsache, was diese Dinge in meinem Körper verursachen. Ein Blick auf die nüchternen Tatsachen verdirbt einem schlussendlich doch gewaltig den Appetit. Und wenn das alles nicht hilft, stellen wir uns die Frage: Sind wir wirklich frei und unabhängig, wenn wir von etwas abhängig sind, was wir faktisch nicht brauchen? Wie schwach bin ich eigentlich, dass ich nicht von einem Stück Käse, einem Ei oder der Salami loskomme und dazu diesen kurzfristigen eigenen „Genuss“ über das Leben des Anderen priorisiere?!
In Gesprächen hör ich immer wieder „Ich allein kann doch eh nichts ändern“. Wie seht ihr das?
Jeder Mensch hat eine ganz besondere Gabe, eine Fähigkeit oder ein Talent. Wir sind alle einzigartig. Wie traurig wäre es zu denken, dass wir nicht bedeutsam sind?! Jeder Einzelne von uns ist unentbehrlich in dieser Bewegung, ein Puzzlestück im großen Ganzen. Zu denken „Ich allein kann eh nichts ändern!“ oder „Ich bin nicht gut genug!“ sind limitierende Glaubenssätze, die es gilt aufzulösen. Dies ist eine unserer selbstgewählten Aufgaben und ein Schwerpunkt unserer Arbeit mit „Beautiful Commitment“.
Viele stellen sich unter Aktivismus ausschließlich vor, laut schreiend durch die Straßen zu ziehen. Dabei hat Veganismus so viele Gesichter - man kann sogar von der Couch aus oder beim Einkaufen aktiv sein. Habt ihr Tipps für Menschen, die sich engagieren möchten?
Letztendlich ist es einfach: Wenn du nur ein einziges Leben rettest,
ist es all das wert.
Tierrechtsaktivismus ist nicht immer einfach und manchmal auch mit Frustration und Rückschlägen verbunden. Geht es auch manchmal auch so? Wenn ja, wie geht ihr damit um?
Rückschläge und Frust erleben wir fast jeden Tag. Im Verhältnis zu dem, was da draußen passiert, ist es jedoch unbedeutend. Oft steht uns auch das eigene Ego im Weg, persönliche Befindlichkeiten. Wir drücken dann bei uns immer auf den imaginären „Reset-Button“ und stellen uns die Frage: Warum machen wir das eigentlich alles? Letztendlich ist es einfach: Wenn du nur ein einziges Leben rettest, ist es all das wert. Alles! Was die meisten Menschen am Ende ihres Lebens bereuen, sind nicht die Dinge, die sie getan haben, sondern jene, welche sie nicht getan haben.
0 Kommentare