Chantal Kaufmann – Kunst und Tierrechte
Chantal Kaufmann ist Tierrechtsaktivistin, Grafikerin und Künstlerin aus Zürich. Seit 2018 lebt sie vegan. Dies war auch der Zeitpunkt, als sie sich dazu entschloss, aktiv für die Tiere zu werden – auf eine ganz wundervolle, kreative Art und Weise. Mit ihren Tierporträts möchte sie zeigen, wie einzigartig, individuell und wunderschön jedes einzelne Lebewesen ist. Die Kunst ist für sie ein wichtiges Werkzeug, um Gewohnheiten, Normen oder auch Traditionen in Frage zu stellen und neue Sichtweisen aufzeigen.
Wie genau ihr Alltag als Tierrechtsaktivistin aussieht und wie sie überhaupt zum Zeichnen kam, erzählt sie uns hier.
Bilder: Chantal Kaufmann
Chantal, kannst du ein bisschen was über dich erzählen? Wie lange lebst du schon vegan? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?
Als ich 2018 in Yuval Hararis “Eine kurze Geschichte der Menschheit“ über das wahre Gesicht der Milchindustrie las, hat mich das zutiefst erschüttert. Ich fing an über die Tierindustrie zu recherchieren und bekam schnell einen Einblick in das unvorstellbare Ausmass an Grausamkeit und Ausbeutung. Die Tiere werden zur Ware degradiert und übrig bleibt eine Nummer in einem erbarmungslosen System. In unserer Gesellschaft werden einige Tiere geliebt und als Individuen behandelt und andere Tiere werden ausgebeutet, als wären sie nur ein Produkt. Ich begriff, dass jedes Tier, egal ob Hund, Schwein, Taube oder Fisch, ein Individuum ist, Emotionen hat, Schmerzen fühlt und leben möchte, genau wie wir Menschen. So beschloss ich aus tiefstem Herzen, vegan zu werden.
Seit wann zeichnest du diese wunderschönen Tierporträts? Was möchtest du damit ausdrücken?
Der Lebenshof TierMensch hat im Vorfeld zum National Animal Rights March 2019 zu einer Matinée mit feinem Brunch, einem Vortrag und einer Demo-Schilder-Bemalung eingeladen. Ich fand das eine wunderbare Idee und habe mich sofort angemeldet. So habe ich durch den Tierrechtsaktivismus wieder zu meiner großen Leidenschaft, der Malerei, gefunden. Seither setze ich mich mit Kunstaktivismus für die Rechte der Tiere ein. Ich mache auf Nutztierhaltung, Tiertransporte, Tierversuche, Zoos, Pelz und viele weitere Themen aufmerksam und möchte damit die Menschen zum Nachdenken anregen und ihr Herz berühren. Durch meine Bilder kann ich meine Liebe zu den Tieren und meine Hoffnung auf eine friedlichere Welt ausdrücken und den Tieren, die im Dunkeln verborgen bleiben, ein Gesicht und eine Stimme geben.
„Die Tiere werden zur Ware degradiert und übrig bleibt eine Nummer in einem erbarmungslosen System.“
Wie kamst du überhaupt zum Zeichnen und wie zum Aktivismus?
Schon als Kind waren das Zeichnen und Malen für mich sehr wichtig und auch eine Reflexion meiner Gedanken und Erfahrungen. Durch das Zeichnen konnte ich meine Ideen, Vorstellungen und Wünsche zum Ausdruck bringen. Kurz nachdem ich vegan wurde, war für mich klar, dass ich mich aktiv für die Tiere einsetzen möchte. Aktivismus ist sehr facettenreich und es gibt viele Möglichkeiten, wie man sich für die Tiere einsetzen kann – ob auf der Straße an Demos, Mahnwachen, beim Flyern oder durch Kunst, Musik, Politik oder durch das Schreiben von Leserbriefen, Kommentaren und vieles mehr. Denn die Tiere brauchen uns und jede Stimme ist wichtig. Es können aber auch Lebenshöfe und Tierheime unterstützt werden. Entweder beim Mithelfen direkt vor Ort oder durch eine monatliche Spende, egal in welcher Höhe.
Wie sieht dein Alltag als Tierrechtsaktivistin aus?
Der größte Teil meines Tierrechtsaktivismus findet in meinem Atelier statt. Ich versuche, so viel Zeit wie möglich in die Tierrechtskunst zu investieren. Ich nutze auch Social Media, um für die Tiere aktiv zu sein oder schließe mich Straßenaktivitäten an, wie zum Beispiel Mahnwachen oder Demos und einmal im Monat organisiere ich selbst eine Schlachthof-Mahnwache. Mit meinen Bildern und als Grafikerin unterstütze ich auch sehr gerne Tierrechts-Projekte, Organisationen und Lebenshöfe.
Was machst du, wenn du nicht aktivistisch unterwegs bist?
In meinen Gedanken bin ich ständig bei den Tieren. Egal, wohin ich gehe, ich sehe überall Handlungsbedarf und ich habe immer das Bedürfnis, etwas tun zu müssen. Es ist tatsächlich manchmal schwierig, so ruhelos zu sein. Momente in der Natur, zum Beispiel beim Wandern, Besuche auf Lebenshöfen und Zeit mit meiner inzwischen veganen Familie, meinem Partner und Freund:innen zu verbringen, helfen mir sehr wieder Kraft zu tanken.
„Durch meine Bilder kann ich meine Liebe zu den Tieren und meine Hoffnung auf eine friedlichere Welt ausdrücken und den Tieren, die im Dunkeln verborgen bleiben, ein Gesicht und eine Stimme geben.„
Tilda, die Kämpferin
Im Juni 2020 erlebte Chantal auf einer ihrer Mahnwachen etwas, mit dem sie niemals gerechnet hätte. Ein Rind geriet in einem Schlachttransporter in Panik und versuchte zu fliehen. Die Flucht dauerte über 45 Minuten. Chantal ging währenddessen nur ein Gedanke durch den Kopf: Ich muss dieses Tier retten! Wie das Ganze ausging, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews.
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