Stadttauben brauchen Hilfe
Stadttauben haben leider einen schlechten Ruf. Dabei sind so gut wie alle Probleme, die diese Vögel mit sich bringen, menschengemacht. Als Tauben dem Menschen noch „nützlich“ waren – für Fleisch, Eier, Federn und Dünger – wurden sie gehegt und gepflegt. Als das nicht mehr der Fall war, hat der Mensch sie einfach auf die Straße gesetzt. Und da sitzen sie jetzt, diese armen kleinen Wesen – ohne artgerechtes Futter, ohne Wasser und das Brüten machen wir ihnen durch Vergrämungen zusätzlich schwer. Diese Tiere brauchen dringend unsere Hilfe. Zum Glück gibt es Menschen, die sich für sie einsetzen. Andrea Scholl zum Beispiel. Sie ist beim Hamburger Stadttauben e. V. tätig und setzt sich an allen Ecken und Enden für sie ein. Mit ihr hab ich über diese tollen Wesen gesprochen. Dabei hat sie mir erzählt, was sie im Taubenschutz schon alles erlebt hat, welche Mythen um die Stadttaube kursieren und wie man den Tieren helfen kann. Wir haben fast zwei Stunden miteinander gesprochen und wir hätten noch stundenlang weiterreden können. Also holt euch einen Kaffee oder Tee und ne Tüte Popcorn und habt Spaß beim Lesen!
Danke Andrea, für deine Zeit und für deinen unermüdlichen Einsatz für diese wundervollen Tiere!
Andrea, fangen wir mal bei dir an: Wie lange bist Du schon für den Hamburger Stadttauben e. V. tätig? Und wie sieht deine Tätigkeit dort genau aus?
Wir haben den Verein 2013 gegründet, ich bin tatsächlich von der ersten Stunde an dabei. Und was ich dort mache? Eigentlich alles: Ich bin viel auf der Straße unterwegs, mache Streetworking, ich sichere Tauben, füttere sie, ich begleite Vergrämungsmaßnahmen, nehme also Küken entgegen oder Eier, die da weg müssen. Dann habe ich eine Pflege-/Päppelstelle und auch eine Endstelle, ich mache Schriftverkehr, sammle Notfälle ein, setze mich mit Politik und Verwaltung auseinander, schreibe Anzeigen beim Veterinäramt oder auch bei der Polizei. Dann bin ich immer wieder mit Infoständen unterwegs, mache Mahnwachen und Präsentationen.
Fandest du Tauben schon immer gut? Wie kam es dazu, dass du zur Taubenschützerin wurdest?
Ich fand Tauben als Kind schon toll. Als ich zehn war, habe ich von unserem Nachbarn ein Taubenküken bekommen, sie wussten nicht, wohin damit. Und da bei uns alle tierlieb waren, landete das kleine Küken bei mir. Meine Mutter und ich haben es aufgezogen, so gut wir konnten. Das hat auch ganz gut geklappt und wir konnten das Tier bei uns in der Nähe auswildern und sie kam auch immer wieder zurück und hat bei uns was bekommen. Und so ging das dann eigentlich weiter. Meine Eltern haben mich dazu erzogen, hinzusehen, auch einem Regenwurm zu helfen, nicht auf Käfer zu treten und alles was lebt, zu achten. So bekommt man für Tiere ja direkt ein ganz anderes Gefühl. Ich wäre auch als Kind nie auf die Idee gekommen, durch Taubenschwärme zu rennen oder Tauben zu jagen.
„Stadttauben suchen unsere Nähe. Und wir treten sie sprichwörtlich mit Füßen.“
Wie kamen Tauben eigentlich in die Städte? Warum sind sie dort?
Das fing mit dem Zweiten Weltkrieg an. Tauben wurden ja damals als Nutztiere gehalten – für Eier und Fleisch. Die Federn wurden zum Beispiel als Kopfkissenfüllung genutzt, der Kot als Dünger. Als die Städte dann bombardiert wurden, konnte man die Tauben nicht mehr halten, die Schläge wurden aufgemacht oder eben auch zerbombt. So kamen die Tauben auf die Straße.
Und warum sind sie oft so geballt an Bahnhöfen?
Dafür muss man wissen, wo die Taube ursprünglich herkommt. Stadttauben sind Nachfahren der Felsentaube. Diese leben und nisten, wie der Name schon sagt, in Felsen. Also weit oben, in Gemäuern und Nischen. Wenn man das jetzt auf die Stadt überträgt, macht es Sinn, dass die Stadttauben sich eben genau solche Orte zum Brüten suchen. Da bieten sich Bahnhöfe und hohe Häuser mit Nischen zum Verstecken natürlich an. Und nicht zuletzt suchen sie als (verwahrloste) Haustiere eben auch die Nähe zum Menschen. Sie sind einem ja überall in der Stadt zu Füßen. Eine Ringeltaube zum Beispiel würde man so niemals sehen. Die würde sich nie groß an den Menschen wenden.
Da schmerzt es dann direkt noch mehr, wenn man denkt, dass diese Wesen die Nähe zu uns suchen und wir sie sprichwörtlich mit Füßen treten.
Ganz genau. Und trotzdem sind sie da. Wir sind so grausam zu ihnen – in welcher Form auch immer – und sie suchen nichtsdestotrotz unsere Nähe. Weil sie eben auf uns angewiesen sind.
Beschäftigt man sich mit dem Thema, merkt man schnell, wie missverstanden diese Tiere sind und wie viele Vorurteile über sie kursieren. Was sagst du zu folgenden: 1) Stadttauben übertragen Krankheiten
Nein, das ist ein Ammenmärchen. Vom Fernsehen bekommt man auch keine viereckigen Augen. Das Gerücht, Tauben seien „Ratten der Lüfte“ hat sich leider im Laufe der Zeit derart manifestiert und hält sich bis heute hartnäckig. Da kann ich wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Man muss wissen, dass spezifisch von der Taube gar keine Krankheiten ausgehen. Von Vögeln generell: ja. Da gibt es zum Beispiel die Ornithose, eine schwere Grippe. Und selbst da ist es laut dem Robert-Koch-Institut extrem unwahrscheinlich, dass sich Menschen damit anstecken. Genau gesagt entspricht es einer Wahrscheinlichkeit von 1:420 000 000. Dann gibt es auch die Vogelhalterlunge, die durch Stäube wie Vogelprotein ausgelöst werden kann, aber auch nicht nur speziell von Tauben, sondern auch von Hühnern oder Ziervögeln. Im Großen und Ganzen kann man also sogar kranke Tauben von der Straße aufsammeln und kann sich dabei nichts holen. Denn sie haben taubenspezifische Krankheiten. Die sind nicht auf den Menschen übertragbar. Ich weiß wirklich nicht, was wir im Taubenschutz noch alles machen müssen, damit das mal in den Köpfen der Menschen ankommt.
Das Gerücht, dass Tauben „Keimschleudern“ seien, wird natürlich auch von Schädlingsbekämpfern/Vergrämern aufrechterhalten. Die verdienen sich damit eine goldene Nase und verbreiten teilweise viele Unwahrheiten.
2) Der Kot der Stadttauben beschädigt Gebäude
Falsch. Es gibt ein Baustoffgutachten der TU Darmstadt. Das ist ein Prüfbericht von 2004, wohlgemerkt. Da hat man an verschiedenen Baumaterialien getestet, welchen Einfluss Taubenkot auf diese hat. Der Kot wurde 70 Tage auf den unterschiedlichen Materialien gelassen. Das waren zum Beispiel Buntstein, Granit, Sandstein, Lacke, Kupferbleche und und und. Bei den meisten Materialien hat sich überhaupt nichts gezeigt, an der Oberfläche hat sich also rein gar nichts getan. Bei Lacken ist es allerdings so, dass der Kot den Lack angreift. Der Lack wird dann stumpf. Aber auch das ist nicht nur bei den Ausscheidungen von Tauben so, sondern auch bei dem von anderen Vögeln und Insekten.
„Es ist jeden Tag ein verdammter Überlebenskampf auf der Straße für jedes dieser Tiere. Nicht nur, was das Futter anbelangt. Auch was das Wasser angeht.“
3) Stadttauben sind Wildtiere und finden in der Stadt genug Futter
Nein und nein. Stadttauben sind verwahrloste Haustiere. Wären sie verwildert, dann hätten sie zum Beispiel auch nur zwei Bruten pro Jahr und sie hätten sich an das Nahrungsspektrum der Natur angepasst, könnten sich also selbst ernähren. Ringeltauben essen ja zum Beispiel auch Würmer oder kleine Schnecken. Die Stadttaube ist aber auf den Menschen angewiesen und muss mit Samen, Körnern und Kräutern gefüttert werden – das ist die einzige artgerechte Nahrung für Stadttauben. Und die findet sie aber nicht in den Städten.
Und dann verhängen die Städte auch noch ein Fütterungsverbot, weil sie denken, dass Stadttauben weniger häufig brüten, wenn man sie nicht füttert. Das ist doch aber auch Quatsch, oder?
Ja, das ist Quatsch. Menschen haben den Tauben einen Brutzwang angezüchtet, sie müssen also acht bis zehn Mal pro Jahr brüten. Und dabei ist es egal, ob sie genug zu essen haben oder nicht. Dabei tun mir die Täubinnen unglaublich leid. Die haben niemals Ruhe. Entweder sie brüten oder sie kümmern sich um ihre Kinder. Dazwischen gibt es gar nichts. Wenn die Brutbedingungen stimmen, sind die zwei Küken 14 Tage alt und die nächsten Eier liegen schon im Nest. Man sagt ja, dass sie im Schnitt acht Mal brüten. Ich bin da eher bei zwölf Mal. Bei meinen Tauben hier liegen jeden Monat neue Eier im Nest. In den Städten ist die Sterblichkeitsrate allerdings auch relativ hoch. Viele verhungern, sind schon krank oder werden krankgefüttert. Prozentual kann ich das aber nicht einschätzen, wie viele Nestlinge da durchkommen. Ich vermute, von 16 überleben vielleicht acht.
In den meisten Städten gibt es ein Taubenfütterungsverbot. Gleichzeitig gibt es viel zu wenig Taubenschläge. Wie passt es mit dem Tierschutzgesetz zusammen, diese (Haus-)Tiere einfach verhungern zu lassen?
Was die Tiere auf den Straßen durch das Fütterungsverbot durchleben müssen, ist schlicht und einfach Tierquälerei. Das ist einem Tier nicht zuzumuten. Ein Tier muss überleben, in welcher Form auch immer. Dass man versucht, diese Tiere durch das Fütterungsverbot auszuhungern, verstößt ganz klar gegen das Tierschutzgesetz. Es wird sich immer nur über die Tauben beschwert: sie würden Dreck machen, alles sei voller Taubenkot. Aber was sollen diese armen Tiere denn machen? Sie bekommen niemals artgerechte Nahrung, da bekommen sie eben Durchfall. Es ist jeden Tag ein verdammter Überlebenskampf auf der Straße für jedes dieser Tiere. Nicht nur was das Futter anbelangt. Auch was das Wasser angeht. Das finden sie ja auch kaum. Da wird dann aus Verzweiflung auch mal Urin getrunken. Zusätzlich werden sie von den Menschen verscheucht, es wird nach ihnen getreten. Für uns Tierschützer ist das wirklich unerträglich.
Aber wie kann es sein, dass Städte, Kommunen etc. einfach so gegen das Tierschutzgesetz verstoßen können?
Sie machen es einfach. Sie machen, was sie wollen. Und für uns Tierschützer ist es eben schwierig, alles einzuklagen. In der Regel ist schlichtweg nicht das Geld da, bis hin zum Bundesverfassungsgericht zu klagen. Und darauf ruhen die sich aus. Auch die Sache mit Limburg – sowas kann einfach nicht sein. Wir haben den Tierschutz im Grundgesetz und die politischen Instanzen setzen sich einfach darüber hinweg. In welcher Welt leben wir eigentlich? Das macht mich immer wieder fassungslos.
„Dass man versucht, diese Tiere durch das Fütterungsverbot auszuhungern, verstößt ganz klar gegen das Tierschutzgesetz.“
Wir sind ja eigentlich dazu verpflichtet, den Tieren zu helfen, sie nicht verhungern und verdursten zu lassen ...
Richtig. Wenn wir ihnen aber helfen, werden wir dafür bestraft. Du handelst also entweder gegen das Tierschutzgesetz oder du machst dich strafbar und musst Geld dafür bezahlen, dass du diesen Tieren geholfen hast. Wenn eine Taube verhungert, dann lösen sich die Organe von innen auf. Man kann sich nicht ausmalen, welche Schmerzen diese Tiere haben müssen. Aber das Problem ist: Sie haben keine Stimme. Sie können sich nicht durch Schreien, Fauchen oder Wimmern bemerkbar machen. Sie leiden ganz still vor sich hin. Tauben kann man quälen ohne Ende, sie schreien nicht.
Die meisten Vergrämungen sind doch auch tierschutzwidrig, oder? Welche Arten gibt es da? Und wie gefährlich sind sie für die Tiere?
Ja, diese Vergrämungen sind aber eine Lizenz zum Gelddrucken. Da wird immer wieder die Angst vor Krankheiten geschürt und der Mythos aufrechterhalten, dass Taubenkot die Gebäudesubstanz zerstören würde. Und da gibt es so einige Formen von Vergrämungsmaßnahmen: Netze, Elektrosysteme, Spikes, Drähte, Gele/Kleber. Bei den Netzen ist die Verletzungsgefahr sehr hoch. Nicht selten verheddern sie sich darin, reißen sich Beine aus oder erdrosseln sich. Wenn Löcher drin sind, kommen die Tiere dahinter, aber oft nicht wieder raus. Bei den Spikes spießen sie sich auf, vor allem auch die unerfahrenen Küken. Wenn die Drähte nicht ummantelt sind, verletzen sich die Tiere auch oft daran und schneiden sich die Fußsohlen ein. Die Gele/Kleber, die man auf der Fensterbank anbringt, sind natürlich auch eine große Gefahr. Manche Vögel kommen da nicht mehr weg oder können durch das verklebte Gefieder nicht mehr fliegen. Keine Maßnahme davon ist tierschutzkonform. Viel besser sind da zum Beispiel Schrägbleche. Daran können sich die Tiere nicht verletzen, da rutschen sie einfach nur runter. Auch Metallnetze sind ganz gut, dann da können sich die Tiere nicht drin verheddern oder strangulieren. Die sind aber natürlich etwas kostspieliger.
Was man generell dazu sagen muss: Wenn man Taubenschläge aufstellt, machen gute Vergrämungen um den Schlag herum natürlich durchaus Sinn. Aber nicht, wenn man keine aufstellt.
Magst du vielleicht noch kurz das Konzept eines Taubenschlags erklären?
In einem Taubenschlag nach dem Augsburger Modell werden Stadttauben mit artgerechtem Futter, Wasser und Bademöglichkeiten versorgt. So holen wir die Stadttauben von der Straße und geben ihnen ein Zuhause.
Jede Taube hat dort ihre Nistzelle mit einer Brutschale, die Eier tauschen wir regelmäßig gegen Kunststoff- oder Gipseier aus und den Schlag reinigen wir regelmäßig. Durch den Eiertausch verringern wir die Population. Wobei es wichtig ist, dass man hin und wieder auch Bruten zulässt, ansonsten wandert die Taube irgendwann ab, weil sie an dieser Stelle keinen Bruterfolg hat. Viele Tauben sind auch tolle Ammeneltern. Wenn also zum Beispiel irgendwo ein Küken aus dem Nest gefallen ist, kann man ihnen das auch „unterschieben“ und die meisten kümmern sich dann ganz liebevoll um den Nachwuchs.
Wie sieht das Leben einer Stadttaube aus, die in einem Taubenschlag lebt? Und wie im Gegensatz dazu das Leben einer Taube, die nicht in menschlicher Obhut lebt?
In einem Taubenschlag kann eine Taube einfach Taube sein – so, wie es sich für ein Tier gehört. Sie ist geschützt, lebt gesund, bekommt artgerechtes Futter, genügend Wasser und hat einfach ihren Frieden. Das Tier ist dann lange im Schlag, fliegt mal eine Runde, sonnt sich und kommt wieder zurück. Die Straße dagegen ist der tägliche Kampf ums Überleben. Die Taube ist ständig auf Nahrungssuche auf dem Boden unterwegs – was für Vögel ganz und gar nicht natürlich ist. Eine Taube, die auf der Erde unterwegs ist, hat Hunger. Dort kann sie aber auch verunfallen durch Autos, Fahrräder, Bahnen oder nicht zuletzt den Menschen. Durch diese ewige Futtersuche auf der Straße verschnürt sie sich oft die Füßchen durch fallengelassene Fäden oder Haare. Die wickeln sich teilweise so stark um die Füße, dass das Tier nicht mehr laufen kann oder sogar die Zehen und Füße absterben. Die Lebenserwartung einer Taube auf der Straße liegt im Schnitt bei zwei Jahren. Tauben in menschlicher Obhut können bis zu 20 Jahre alt werden.
Man hört ja immer wieder, dass Tauben vergiftet, abgeschossen etc. werden. Was hast du diesbezüglich schon alles gesehen und erlebt?
Die Tierquälerei fängt ja schon bei der Vergrämung an. Stadttauben werden aber auch vergiftet, zum Beispiel mit Rattengift. Sie werden mit Luftgewehren oder Blasrohren beschossen, die Flügel oder Schwanzfedern werden abgeschnitten, sie werden auf die Straße geworfen, Menschen treten auf sie drauf, treten sie ins Gleisbett oder besprühen sie mit Lack, wodurch sie flugunfähig werden. Wir hatten mal einen Fall, bei dem sich einer mit einer Astgabel eine Art Lanze gebastelt hat. Mit der ist er unter eine Brücke gelaufen, hat die Nester rausgeworfen und die Eier und die Küken zertreten. Das haben wir natürlich direkt angezeigt. Ich frag mich da immer wieder, wie man so viel kriminelle Energie entwickeln und zu sowas fähig sein kann.
„Zusammengekauerte, aufgeplusterte Tiere, die nicht weggehen, wenn man auf sie zugeht, brauchen fast immer Hilfe.“
Bei einigen Tauben ist es ja offensichtlich, dass sie verletzt sind, bei anderen muss man genauer hinsehen. Woran erkenne ich, ob eine Taube Hilfe benötigt? Und wie kann ich helfen?
Alarmsignale sind zum Beispiel struppiges Gefieder, kleine, zusammengekniffene Augen, hängende Flügel, Schluckbeschwerden, humpelnde Tiere oder Blut. Nicht normal ist auch, wenn sie sich beim Fressen ablegen, auf der Seite oder auf dem Rücken liegen oder sich im Kreis drehen (PMV). Zusammengekauerte, aufgeplusterte Tiere, die nicht weggehen, wenn man auf sie zugeht, brauchen auch fast immer Hilfe. Man muss einfach mit offenen Augen durch die Gegend laufen, dann sieht man das. Solche Tauben sitzen allerdings selten mitten auf einem Platz, sondern verstecken sich oft hinter Mülltonnen oder sitzen in Ecken oder an Hauswände gedrückt.
Ich sag ja immer: Man sieht nur, was man kennt. Wenn man sich mit einer Materie nie beschäftigt hat, hat man auch kein Gespür dafür, dann sieht man entsprechende Dinge nicht. Deswegen ist es auch so wichtig, immer wieder darüber zu sprechen und die Menschen darüber aufzuklären.
Wenn ich jetzt eine Taube finde, die Hilfe braucht, was kann ich dann genau tun?
Wenn ich das erste Mal mit einer Taube in Berührung komme, die Hilfe braucht, ist es erst mal wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass sie keine Krankheiten überträgt. Man braucht also keine Berührungsängste zu haben. Sie beißen auch nicht, tun einem nicht weh. Maximal zappeln sie ein bisschen und schlagen mit den Flügeln. Man geht dann am besten einfach an die Taube ran, greift sie von oben, mit der Hand um die Flügel. Wenn ich wirklich gar nichts dabei habe, stecke ich sie mir unter die Jacke. Meistens hat man ja aber zum Beispiel einen Jutebeutel dabei (Plastik ist natürlich nicht geeignet!). Da kann man sie auch einfach mit den Füßen nach unten reinsetzen, oben zuknoten, fertig. Bekommt kein Mensch mit. Der nächste Schritt ist dann, Hilfe zu suchen – z. B. bei den ortsansässigen Stadttaubenhilfen oder bei Facebook in der Gruppe „Tauben-Notfallmeldung – Das Original“. Da wird meistens ganz schnell jemand gefunden, der die Taube dann übernehmen kann. Ein Tierheim wäre auch noch eine Möglichkeit.
Zum Abschluss noch was Positives: Was magst du an Tauben besonders?
Tauben sind einfach toll! Sie sind intelligent, reinlich und wurden so lange Zeit vom Menschen verherrlicht und geliebt. Es ist mir ein Rätsel, warum diese Tiere heute einen so niedrigen Stellenwert haben, so verkannt sind und zum Teil sogar gehasst werden. Tauben sind ganz großartige Eltern, die sich rührend um ihren Nachwuchs kümmern. Die machen da echt einen tollen Job! Wenn sie sich mal verliebt haben, bleiben sie in der Regel ein Leben lang zusammen. Sie lassen sich kuscheln und streicheln, man kann sie wie eine Katze in den Arm nehmen und wirklich gut mit ihnen interagieren. Sie sind auch so dankbar, friedlich, ehrlich, entspannt und gechillt und einfach ganz ganz liebenswerte Tiere.
Wie kann man euch unterstützen?
Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Da wir ja ein gemeinnütziger Verein und spendenbasiert sind, stehen Spenden für uns natürlich an erster Stelle. Wir brauchen zum Beispiel Geld für Tierärzte, Pflegestellen oder Futter. Eine andere Möglichkeit ist, Mitglied zu werden. Wir suchen immer sowohl aktive als auch passive Mitglieder. Wir brauchen immer ehrenamtliche Helfer in den Taubenschlägen, für Social Media, für die Öffentlichkeitsarbeit, wir brauchen Grafiker, Drucker und Helfer an den Infoständen oder beim Eiertausch. Dann brauchen wir Leute im Notfallteam, die beim Sichern, der Erstversorgung und beim Päppeln helfen können und natürlich auch Taubentaxis. Natürlich freuen wir uns auch über Sachspenden wie Papiertücher, Wickelunterlagen oder Zeitungen. Du siehst, wir brauchen Hilfe an allen Ecken und Enden. Also wer sich irgendwas davon vorstellen kann, der kann sich gerne jederzeit melden, zum Beispiel per E-Mail unter info@hamburgerstadttauben.de
Schönes und interessantes Interview. ☺️
Das freut mich riesig 🙂 Vielen Dank fürs Lesen!
Hallo, was für ein informatives Interview! Grossartig! Ich hoffe das es weitete Menschen aufklärt! Aber Erfahrungsgemäß wollen die Menschen es nicht wissen.
Hallo Karin, freut mich! Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe auch, dass es viele Menschen erreicht. Stimmt, viele wollen (noch) nichts davon wissen. Ich hab aber den Eindruck, dass es immer mehr Menschen werden, die erkennen, wie toll diese Tiere sind 🙂
Ich liebe Tauben! Es sind wunderschöne, liebenswerte, intelligente und friedliche Tiere. Vielen Dank für dieses interessante und informative Interview. Man liest und hört viel zu oft Negatives über Tauben, meist gespickt mit Falschinformationen. Deshalb freue ich mich über jeden positiven Beitrag zum Thema Stadttauben. Ich wünsche mir, dass die bestehenden Fütterungsverbote aufgehoben werden. Es muss endlich aufhören, dass man wie ein Schwerverbrecher behandelt wird, wenn man die armen hungrigen Tauben mit artgerechtem Futter versorgt! Ich hoffe, dass es bald überall betreute Taubenschläge für unsere Stadttauben gibt, damit ihr Leid und Elend ein Ende hat. Wir haben diese Tauben domestiziert, und nun sind wir auch dafür verantwortlich, dass es ihnen gut geht!!!
Vielen Dank fürs Lesen und deine lieben und wahren Worte! Damit ist alles gesagt 🙂