Peter Hübner – Vom Metzger zum Veganer
Peter Hübner ist gelernter Metzger, war Jäger und leidenschaftlicher Angler. Heute ist er überzeugter Veganer und Tierrechtler. Wie es zu dieser Transformation kam und wie der Alltag als Metzger so aussieht, hat er mir letzte Woche auf der BIOFACH in Nürnberg erzählt. Danke Peter! Für deine ehrlichen und offenen Worte, deine Zeit und deinen unermüdlichen Einsatz für die Tiere! Deine Arbeit ist so wertvoll.
Peter, wie kam es, dass du den Beruf des Metzgers gewählt hast? Hast du dich bewusst dafür entschieden?
Wie sieht so ein Alltag als Metzger aus? Ist man sich bewusst, womit man da arbeitet?
Wie kann es Menschen geben, die diesen Beruf ganz bewusst auswählen?
„Kein Mensch kann sich einen Schlachthof
auch nur annähernd vorstellen.“
Spürt man als Schlachter Empathie für die hilflosen Wesen?
In deiner Ausbildung gab es dann das so genannte Lehrlingsfrühstück. Was genau hat es damit auf sich?
Es gibt regional ganz bestimmt Traditionen. In meiner Region musste man entweder ein Glas körperwarmes Blut trinken oder ein Stück rohe Leber, Niere oder Hirn essen. Der Sinn dahinter: Wenn du das isst, überwindest du deinen Ekel und du verlierst ein Stück weit deine Hemmungen. Du härtest dich ab. So kannst du auch mit der Materie ganz anders arbeiten. Du bekommst ein anderes Gefühl dafür. Ich habe mich dann für das körperwarme Blut entschieden.
Ist das nicht ein unbehagliches Gefühl, etwas Körperwarmes in der Hand zu halten, geschweige denn zu konsumieren?
„Ich habe oft in weinende Rinderaugen gesehen.
Das lässt mich nicht mehr los.“
Als Metzger sieht man offensichtlich so einiges. Gab es Dinge, die dich schockiert haben?
Da gab es tatsächlich mehrere Dinge. Ich habe zum Beispiel oft in weinende Rinderaugen gesehen. Ja, Rinder weinen, genauso wie Menschen. Die Panik und die Angst steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Wenn du dann das Bolzenschussgerät ansetzen musst und in diese hilflosen, traurigen Augen blicken musst, lässt dich das nicht mehr los. Ich persönlich kenne auch nur ganz wenige Schlachter, die den Tieren beim Erschießen in die Augen sehen können. In der Regel schaust du grob in die Richtung, damit du das Bolzenschussgerät ansetzen kannst, versuchst aber, Blickkontakt zu vermeiden. Und das ist kaum zu schaffen. Du musst nämlich einen ganz bestimmten Punkt zwischen den Augen treffen, dann setzt du das Bolzenschussgerät an, durchschlägst die Schädeldecke und erzeugst einen Überdruck, damit wird Gewebemasse zerstört. Das Ganze ist ja aber kein Schuss, sondern ein Öffnen der Schädeldecke. Beim Rausziehen erzeugst du einen Unterdruck und die Schmerzzentrale ist ausgeschaltet – wenn du richtig triffst. Du kannst aber kaum richtig treffen, weil du dem Rind nicht in die Augen sehen kannst. Außerdem wackelt das Rind mit dem Kopf – klar, es ist verängstigt und panisch. Deshalb kommt es zu vielen Fehlbetäubungen. Das Rind fällt dann zwar zu Boden, du musst aber nachschießen. Wenn du Glück hast, triffst du. Wenn du aber beim zweiten Schuss nicht getroffen hast, kannst du keinen Über- oder Unterdruck mehr erzeugen, da das Rind jetzt schon zwei Löcher in der Stirn hat. Öfter nachzuschießen bringt also nichts. Deshalb heißt es eigentlich: Wenn du beim zweiten Mal nicht getroffen hast, schlachte das Tier, du kannst es nicht mehr von seinen Schmerzen befreien. Egal ob es betäubt ist oder nicht. Also töte es besser so schnell wie möglich.
Auf Undercover-Bildern sieht man immer wieder Schlachter, die sechs, sieben Mal nachschießen. Das ist erschreckend. Solche Bilder machen mir echt zu schaffen.
Was mich auch nachhaltig schockiert hat: An meinem zweiten Tag als Fleischer hab ich eine Keule auf den Tisch bekommen, da war ne Eiterbeule drin. Ich wollte sie eigentlich wegwerfen. Mein Chef sagte aber zu mir, ich solle das Ganze einfach dünn ausschneiden. Und dünn hieß in dem Fall, einfach ein bisschen davon abschaben. Das restliche Fleisch wurde verarbeitet. Der Eiter landet gesammelt in so genannten Eiterboxen. Sowohl Eiter als auch das gesamte verarbeitete Fleisch wurden am Ende des Tages gewogen. War es prozentual in Ordnung, war das ganze Fleisch gut. Und man beachte: ich habe bei einem Metzger „Feinkost und Konserven“ gearbeitet. So viel zum Thema „Fleischer des Vertrauens“.
Also gibt es den „Metzger des Vertrauens“, den „Metzger von nebenan“ gar nicht?
Kann man deiner Meinung nach ein Tier human töten?
„Auch die viel zitierte Bio-Schlachtung
findet in konventionellen Schlachthöfen statt.“
Warum reagiert die Politik nicht darauf?
Also alles eine Sache des Geldes?
Wenn eine Kuh krank ist, geht der Landwirt oft nicht mit ihr zum Tierarzt. Denn der kostet ja Geld. Deshalb lässt er sie lieber sterben, melkt sie aber noch bis zum Schluss, bis auf den letzten Blutstropfen. Er kann gar nicht anders, weil er sonst pleite gehen würde. Was müssen wir also tun? Seit ich denken kann, heulen die Landwirte. Wir müssen die Tierhaltung verbieten. Wir müssen die Landwirte dazu bringen, pflanzenbasierte Landwirtschaft zu betreiben. Da müssen die Subventionen in Höhe von 56 Milliarden Euro hineinfließen. Weg aus der Tierhaltung. Damit tun wir auch etwas fürs Grundwasser und für unseren Planeten. Wir bräuchten Tomaten, Gurken und Co. nicht mehr zu importieren, sondern könnten alles regional anbauen. Die Flächen dafür haben wir. Und der Markt ist da.
Ein anderes Beispiel: In den 90er Jahren/ Anfang der 2000er gab es ab und zu mal Skandale bezüglich der EU-Tiertransporte, wo Tiere an Haken gehängt auf ein Schiff geladen wurden. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben leider nur sehr wenig darüber berichtet. Warum? Weil die Fleischbranche viel an Werbung ausgibt. Hätten sie darüber berichtet, wären ihnen die Werbeeinnahmen weggebrochen. Durch die sozialen Medien haben wir mittlerweile zum Glück die Möglichkeit, solche Bilder an die Öffentlichkeit zu bringen. Und das Thema zieht. Die Menschen wollen von uns aus der Fleischbranche Dinge wissen, die für uns selbstverständlich waren. Viele wissen tatsächlich nicht, was in dem Bereich abgeht. Und durch das Veröffentlichen zwingen wir die Medien quasi dazu, darüber zu berichten. Dadurch, dass immer mehr Medien solche Skandale aufgreifen, fangen auch die Menschen an, darüber zu sprechen. In diesem Zusammenhang würde ich behaupten, ist auch der „Metzger des Vertrauens“ auf der Bildfläche erschienen. Ich glaube, den gab es davor einfach nicht. Viele müssen sich mit so etwas ihr Gewissen beruhigen. Und viele brauchen eine Entschuldigung, eine Rechtfertigung, um weiterhin tierische Produkte konsumieren zu können.
„Ich kann niemanden human töten,
der nicht sterben will.
Es ist und bleibt ein Gewaltakt.“
Was sagst du zum Thema Tierwohl?
Tierwohl, wie es immer so propagiert wird, gibt es nicht. Ein Schwein wird in einer Gruppe gehalten. Ein Tier hat gesetzlich festgelegt einen Mindeststandard von 0,75 Quadratmeter. Das Tierwohlsiegel sieht 0,9 Quadratmeter vor. Das ist ein DIN A 3 Blatt mehr. Das ist ein schlechter Witz. Der höchste Bio-Standard, den wir momentan in Deutschland haben, liegt bei 2,3 Quadratmeter. Ein Schwein wird ein Drittel seines Lebens in der Gruppe gehalten. Das andere Drittel ihres Lebens steht eine Sau in der sogenannten Besamungsbox. Dort wird sie künstlich besamt. Dabei soll sie stehen, damit sich das Sperma gut verteilt. Bis die Schwangerschaft nachgewiesen ist, muss sie in dieser Box bleiben. Wenn sie dann schwanger ist, kommt sie wieder in die Gruppenhaltung. Danach kommt sie in die Abferkelbox, wo sie liegen muss. Aktuell ist es so, dass die Sau hier zumindest ihre Gliedmaßen ausstrecken und sich umdrehen können muss. Das will die Klöckner jetzt aus dem Gesetz streichen. Die Politik subventioniert die Intensivtierhaltung. In Deutschland werden 56 Millionen Schweine pro Jahr geschlachtet. 20 Millionen Schweine exportieren wir. 12-15 Millionen Schwein landen auf dem Lebensmittelmüll. So viel zum Thema Tierwohl.
Aber was ist mit dem Verbraucher? Wie erklärst du dir, dass so viele Menschen - obwohl sie über die Zustände Bescheid wissen - nach wie vor Tierleid fördern und tierische Produkte konsumieren?
Von vielen Menschen höre ich immer wieder: Aber der Löwe isst doch auch Fleisch …
„Ich habe mich oft gefragt: Was tun wir den Tieren an?!“
Vom Metzger, Jäger und leidenschaftlichen Angler zum Veganer und Tierrechtler zu werden, ist natürlich ein großer Schritt. Wie kam es dazu?
Ich höre so oft: Ich als Einzelner kann doch nichts tun. Ich bin aber der Meinung, dass jeder Einzelne Berge versetzen kann, wenn er etwas tun. Was sagst du dazu?
Was ich noch dazu loswerden möchte:
Wer mehr über Peters Arbeit als Tierrechtsaktivist erfahren möchte, kann ihm bei Facebook folgen.
Als kleiner Nachtrag findet ihr hier noch das Video zu Peters Kampagne #ichbindabei
Ach Tante..ich bin so unfassbar stolz auf dich!!Du setzt was in die Welt, was nicht jeder tun würde. Dein Mitgefühl für die Tierwelt sowie dein Engagement, rührt mich zu Tränen.
Ich möchte jetzt noch mehr anfangen noch stärker an mir zu arbeiten, was den Fleischkonsum anbelangt und nicht mehr weg zu schauen. Ich unterstütze dich, wo ich nur kann und wenn du mich brauchst, bin ich da. Ich hab dich so unfassbar lieb und ihr beiden seid nicht nur Tante und Onkel für mich, sondern so viel mehr!!Alles Liebe, dein Kürbis!
Oh wow, danke für deine unglaublich schönen Worte <3 Musste grad eine kleine Träne verdrücken. Haben dich auch sehr sehr lieb!! Tante und Onkiiiiii
Wow, was für ein packender und interessanter Artikel! Danke 🙏🏻 Sollte Pflichtlektüre für alle werden
Hi liebe Andrea 🙂 Freut mich, dass er dir gefällt! Tausend Dank für dein Feedback! Ja, das find ich auch!
Was für ein beeindruckendes Interview.. und was für tolle Männer – und genau der richtige Ansatz!
An die Quelle zurück zu den Orten zu gehen wo die Tiere diesem unsäglichen Leid und Schrecken ausgesetzt sind, um dort an den „Stellschrauben“ zu drehen, die sich in dem Fall in den Herzen der Schlachter befinden. Wenn wir in jedes dieser Herzen den Samen des MItgefühls legen z.B. durch solche Interviews oder Videos, wird die Tierleidindustrie bald Geschichte sein. In diesen drei Herzen ist der Same ja bereits aufgegangen… und wie!!! 🙂
Ein riesengrosses DANKE im Namen der Stimmlosen..
Das Vegane Zeitalter hat begonnen…. 🙂
Wow, vielen lieben Dank für diesen lieben Kommentar! Ich seh das ganz genauso: Es braucht mehr Menschen wie diese. Und es werden immer mehr 🙂 Das vegane Zeitalter hat definitiv begonnen 🙂