Sandy P. Peng
Sandy liebt Tiere. Deshalb gibt sie ihnen ihre Stimme. Und die ist laut. Sehr laut sogar. Angefangen hat alles mit dem Kampf gegen die grausame Pelzindustrie. Nach und nach kamen weitere Tierrechts-Themen wie die industrielle Tierhaltung oder die Forschung hinzu. Und auch, wenn das Leben als Vollzeit-Tierrechtsaktivistin manchmal kräftezehrend ist, Sandy liebt, was sie tut. Mir hat sie erzählt, was sie antreibt, was ihr emotionalster Moment war und wie sie der Aktivismus verändert hat.
Bilder: Oliver Czernetz, Tobias Giesinger, Tigerlily-Photography, Sandy P. Peng
Sandy, seit wann lebst du vegan und wie war der Prozess?
Es gibt Menschen, die können auf den Tag genau sagen, ab wann sie vegetarisch oder vegan gelebt haben. Ich zähle nicht dazu, da es bei mir ein Prozess war. Ich habe damals in erster Linie aus ethischen Gründen aufgehört, Tierprodukte zu konsumieren, für und wegen der Tiere. Nach und nach habe ich dann auch die zahlreichen ökologischen und gesundheitlichen Vorteile der pflanzlichen Kost entdeckt. Mich für einen veganen und tierfreundlichen Lebensstil zu entscheiden, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Wie lange bist du schon aktivistisch unterwegs? Gab es dafür einen Auslöser?
Der Auslöser für mein Tierschutz-Engagement war das kanadische Robbenmassaker. Als ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, entschloss ich mich, so viele Menschen wie nur möglich über die grausame Pelzindustrie aufzuklären. Ich startete und unterstützte viele Anti-Pelz-Kampagnen und Protestaktionen und nahm an Demonstrationen im In- und Ausland teil. Nach und nach kamen auch andere Tierschutz-Themen hinzu – von der industriellen Tierhaltung über Bekleidung und Unterhaltung bis hin zur Forschung. Mittlerweile unterstütze ich an mehreren Fronten.
Hat dich der Aktivismus verändert? Wenn ja, wie?
Die ersten Jahre war ich oft wütend und dadurch auch radikaler in der Kommunikation und auch beim Aktionismus. Ich hatte nur ein Ziel: Information über all diese Ungerechtigkeiten zu verbreiten und sie damit zu beenden. Ich bin weit entfernt von perfekt, aber ich lebe und konsumiere seit Jahren sehr viel bewusster, weniger materiell, bin empathischer aber auch kritischer geworden. Ich habe ständig das Bedürfnis und Verlangen, zu verändern – oder aufzuklären. Das ist manchmal anstrengend, so ruhelos zu sein. Egal wohin ich sehe, ich sehe überall Handlungsbedarf. Ich wundere mich über fehlendes Verständnis oder Ignoranz. Aber hey, ich sehe und freue mich aber auch über die positive Entwicklung, dass immer mehr Menschen einen Blick hinter die Kulissen werfen, sehen, verstehen, handeln und dadurch Teil einer großartigen Veränderung werden.
„Ich freue mich über jedes gerettete Tier, kleine und große Erfolge und jeden Schritt in die richtige Richtung.“
So anstrengend der Aktivismus sein kann, so erfüllend ist er auch - finde ich. Was gibt dir der Aktivismus?
Wer Aktivismus intensiv betreibt, weiß wie anstrengend und kräftezerrend und/oder hoffnungslos vereinzelte Phasen sein können. Oft ist es ein Wettlauf gegen die Zeit, ein anderes Mal kämpfen wir gegen Ignoranz, Desinteresse, fehlende Empathie oder irre Gesetze. Um so mehr freuen wir uns über jedes gerettete Tier, kleine und große Erfolge und jeden Schritt in die richtige Richtung. Trotz zum Teil schwierigen und herausfordernden Zeiten bin ich sehr dankbar, dass ich mich zu 100 Prozent für Tiere und Tierschutz einsetzen kann und darf. Während meiner Zeit als Aktivistin habe ich ganz tolle und motivierende Menschen kennengelernt und konnte sehr viel Neues lernen. Ich bin nach wie vor mit vollster Überzeugung dabei und daran wird sich vermutlich auch nichts ändern.
Was treibt dich jeden Tag an? Woher nimmst du die Energie?
Mich persönlich motiviert es, wenn ich mit anderen Mitkämpfer:innen aktiv bin, bei Demonstrationen oder Protestaktionen. Deswegen hatte ich auch bei vielen Einsätzen an der Front, im In- und Ausland, mitgewirkt. Oft war ich mehrere Tage oder Wochen unterwegs, habe Tag und Nacht mit Menschen gearbeitet, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Die Welt ein Stück besser machen. Das ist pure Motivation!
Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus? Gibt es den überhaupt?
Grundsätzlich gönne ich mir relativ wenig Freizeit (bitte nicht nachmachen), da ich sehr viel und sehr gerne arbeite. Über die Jahre hat sich mein Netzwerk vergrößert, dadurch werde ich immer wieder auf neue Tierschutzprojekte aufmerksam gemacht. Nebenbei betreibe ich seit knapp sieben Jahren ein Ein-Frau-Unternehmen mit fair-produzierter und handbedruckter Tierschutz-Statement-Mode. Als Tierschützerin war ich rund ein Jahrzehnt ehrenamtlich tätig, seit einigen Jahren bin ich bei einer großen Tierschutzorganisation, dem VGT – VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN, angestellt. Wenn ich mal nicht arbeite, dann versuche ich möglichst viel Zeit mit Familie und Freund:innen zu verbringen, wandere oder klettere in den Bergen, entspanne an Seen oder tauche im Meer.
Was war der bisher emotionalste Moment in deiner Arbeit als Tierrechtsaktivistin? Da gibt es ja vermutlich einige.
Der emotionalste Moment war nicht das Ereignis mit dem Kalb, dem ich über den Kopf streichelte, während es an meinen Fingern saugte – ich aber nicht verhindern konnte, dass es auf den Tiertransporter geladen wurde. Es war nicht der Moment, als ich dem verletzten und leidenden Schwein in die traurigen Augen blickte, aber ich diesem Wesen nicht helfen konnte, während ich unser tierausbeuterisches System verfluchte. Es war nicht das Huhn, über dessen Federn ich strich, während meine Tränen auf den toten Körper tropften. Es war nicht die Katze, die während ich zur Tierklinik raste, auf meinen Schoß kroch und dann qualvoll erstickte. Es war die Erkenntnis, der Moment, als ich erkannte, was ich bis dahin ganz offensichtlich NICHT wahrgenommen habe.
„Ich wundere mich oft über fehlendes Verständnis und Ignoranz.“
Aus deiner langjährigen Erfahrung als Aktivistin: Was denkst du, wie und womit man die Menschen am besten erreicht?
Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, unterschiedliche Schienen zu fahren. Es gibt Menschen, die lassen sich durch ein Video oder ein Foto motivieren, bei anderen findet ein Umdenken durch eine Aufdeckung, eine TV-Sendung oder ein Gespräch mit einer Person statt. Ein informativer Flyer, ein Infostand in der Fußgängerzone, eine aufsehenerregende Protestaktion, Tierschutz-Statement-Mode, ein veganes Restaurant, eine emotionale Tierrettung, ein interessantes Interview oder ein Bericht in einer Zeitung, all das kann motivieren und etwas bewirken.
Welche Tipps würdest du Menschen geben, die vielleicht schon wissen, dass es falsch ist, Tiere zu essen, es aber immer noch tun?
Seid offen für Neues! Es ist ein Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung, sich von alten Gewohnheiten und Zwängen zu befreien, mit denen wir aufgewachsen sind. Ein Gefühl von Selbstachtung und Respekt gegenüber anderen Lebewesen, der Umwelt und uns selbst.
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